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Erinnerungen an die Okkupation in Griechenland

Stellungnahme des Projekts „Erinnerungen an die Okkupation in Griechenland“ (MOG) zu den Anschuldigungen in den griechischen Massenmedien und im Internet

Anlässlich der politisch motivierten Anschuldigungen und Angriffe in den griechischen Massenmedien und im Internet gegen das Projekt „Erinnerungen an die Okkupation in Griechenland“ (MOG), welche die wissenschaftlichen und bildungspolitischen Ziele des Vorhabens wissentlich gezielt diskreditieren, sehen wir uns gezwungen, erneut die (griechische) Öffentlichkeit über das Projekt zu informieren, Missverständnisse auszuräumen und falsche Behauptungen zu widerlegen.

News vom 19.03.2021

Zur Erinnerung: Das MOG Archiv bewahrt die Erinnerungen von 93 griechischen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs, welche in einem Online-Interviewarchiv für die Wissenschaft, Bildung und Kultur zugänglich sind. Die multiperspektivischen Zeitzeugenberichte geben einen Einblick in die traumatischen Erlebnisse, die den Menschen während der Besatzungszeit widerfahren haben und wie sich ihr Leben nach 1945 weiterentwickelt hat. In der MOG Bildungsplattform werden diese verschiedenen Perspektiven und Erlebnisse der griechischen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aufgegriffen und in sechs verschiedenen Lehreinheiten für den Schulunterricht behandelt: „Kindheit“, „Konzentrationslager“, „Hunger“, „Widerstand“, „Holocaust / Shoah“ und „Kriegsverbrechen“. Das Projekt MOG ist vollständig zweisprachig aufgebaut und über eine digitale Plattform zugänglich.

Das Archiv und die Bildungsplattform haben auf einer Reihe von Veranstaltungen in Griechenland (Ministerium für Bildung und religiöse Angelegenheiten, Nationale und Kapodistrias-Universität Athen) und Deutschland (Topographie des Terrors in Berlin) eine Vielzahl positiver Rückmeldungen aus Wissenschaft, Forschung, Bildung und Politik erhalten. Auch in der deutschen und griechischen Presse wurde das Projekt sehr gut aufgenommen. In letzter Zeit aber sind in einigen griechischen Medien eine Reihe von Artikeln und Stellungnahmen publiziert worden, die eine klare politischen Agenda verfolgen und mit scharfer und verleumderischer Polemik die Nutzung des Materials in der griechischen Bildungslandschaft zu verhindern versuchen.

Die fortwährenden und teils diffamierenden Äußerungen versuchen die Wahrheit zu verdrehen und das Klima um das bilaterale MOG Projekt zu vergiften. Dadurch soll dem Projekt insbesondere die moralische Legitimation entzogen werden, um es zum Scheitern zu bringen. Die 2 Kritiker äußern wiederholt die falsche Behauptung einer Abhängigkeit des Projekts von angeblichen politischen Bestrebungen des Auswärtigen Amtes Deutschlands, dessen „DeutschGriechischer Zukunftsfonds“ zu den Hauptförderern des Projekts zählt. Dieser wurde im Jahre 2014 ins Leben gerufen, um wissenschaftliche und kulturelle Projekte zwischen den beiden Ländern zu fördern. Vor diesem Hintergrund konstruieren die „Kritiker“ von MOG an einer Legende, in der es einen Plan der deutschen Regierung gäbe, (auch) mit Hilfe des MOG Projekts Geschichtsrevisionismus betreiben zu wollen, um die Schuld Deutschlands zu mindern.

Im Laufe der letzten 10 Jahre, in denen das Projekt MOG den Aufbau des OnlineZeitzeugenarchivs und die Erstellung des entsprechenden Bildungsmaterials zur deutschen Besatzung vorantrieben hat, wurde zu keinem Zeitpunkt irgendein politischer Einfluss auf die inhaltlichen Arbeiten ausgeübt. Dies betrifft sowohl die Sammlung und wissenschaftliche Erschließung des historischen Materials sowie die Erstellung des Bildungsmaterials, welches selbstverständlich fortlaufend ergänzt und verbessert wird, als auch das Konzept zur allgemeinen Nutzung der Projektergebnisse. Diesem Bekenntnis des Projekts selbst zur vollständigen wissenschaftlichen Unabhängigkeit fühlen sich alle Unterstützer und Förderer des Projekts verpflichtet, darunter selbstverständlich auch der „Deutsch-Griechische Zukunftsfonds“, der in den ersten vier Jahren des Projekts noch gar nicht existierte. Es ist bedauerlich, dass die Kritiker diesem angesehenen universitären Projekt, das streng auf Kriterien der Unabhängigkeit und Qualität beruht, verschwörerische Absichten wegen der Finanzierungsquellen unterstellen.

Besonders entwürdigend ist die vollkommen unangebrachte Verunglimpfung der 93 Männer und Frauen, die die deutsche Besatzungsherrschaft erleiden mussten, sei es als Überlebende des Krieges, der Bombardements, der fürchterlichen Hungerkatastrophe oder der Kriegsverbrechen und Massaker. Unter den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen finden sich auch Ikonen des Widerstands und des Kampfes um Gerechtigkeit für das erlittene Unrecht, wie Manolis Glezos und Argyris Sfountouris. All diese Menschen berichten von ihren schmerzhaften Erfahrungen während der deutschen Besatzungsherrschaft, damit so etwas nie wieder geschieht. Das Projekt MOG verfolgt von Anfang an das Ziel, den Wert ihrer Zeitzeugnisse als historische Quelle sichtbar zu machen und für die zukünftigen Generationen zu bewahren. Als Beispiel dieser Wertschätzung wird auf die digitale Ausstellung der Hellenischen Botschaft in Berlin anlässlich der Feierlichkeiten zum 75ten Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 2020 verwiesen, auf der neben bekannten Politikern beider Länder zahlreiche Zeitzeugen aus dem MOG Archiv zu Wort kommen (s. Link).

Die Freie Universität Berlin ist für ihre Expertise im Bereich der digitalen audiovisuellen Geschichte international anerkannt. Das Center für Digitale Systeme (CeDiS), an dem das Projekt seit Jahren angesiedelt ist, hat im Jahr 2005 als erste Institution Europas eng mit dem Visual History Archive der University of Southern California (mit seinen mehr als 52.000 Interviews von Überlebenden des Holocaust) kooperiert. Die Freie Universität ist außerdem an der Entwicklung und Nutzung vergleichbarer digitaler Bildungsangebote in Deutschland, Tschechien, Russland 3 und Polen beteiligt. Die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und akademischen Lehre mit Griechenland (Nationale und Kapodistrias-Universität Athen, Aristoteles Universität Thessaloniki) reicht bis ins Jahr 2011 zurück (siehe dazu auch das Interview mit Prof. Hagen Fleischer in der Zeitung Avgi, 13.11.2011).

Auf Initiative der Professoren Hagen Fleischer (Athen) und Nicolas Apostolopoulos (Berlin) erhielt die Freie Universität Berlin nach langjährigen Bemühungen eine deutsch-griechische Finanzierung für den Aufbau des MOG-Archivs und der zugehörigen Bildungsmaterialien. Sowohl junge als auch erfahrene hervorragende Wissenschaftler/innen aus Griechenland und Deutschland konnten für das Vorhaben gewonnen werden. Sie haben durch enge und intensive Zusammenarbeit wertvolle Resultate realisiert. Zuerst konnte das digitale MOG Archiv fertiggestellt und 2018 veröffentlicht werden. Im Anschluss daran folgte die Erstellung des multimedialen Bildungsmaterials, das im Dezember 2020 auf einer griechisch-sprachigen Veranstaltung erfolgreich online präsentiert wurde. Die Kooperation zwischen deutschen und griechischen Wissenschaftler/innen und Didaktiker/innen, bei der ein moderner pädagogischer Ansatz des investigativen, problemorientierten Lehrens und Lernens im digitalen Umfeld implementiert wurde, hat sich als besonders innovativ erwiesen. Die entwickelten multimedialen Lehreinheiten sind reichhaltig an Material und vielfältig einsetzbar.

Wir sind gerne bereit, in einem konstruktiven Dialog und Diskurs das Projekt MOG vorzustellen und über seine wissenschaftlichen und pädagogischen Ziele zu debattieren, Auf alle Fragen zum Projekt werden wir gerne eingehen und sind offen für Kritik und Verbesserungsvorschläge. Politisch motivierte Attacken lehnen wir als Form der Auseinandersetzung entschieden ab.

Abschließend möchten wir uns bei all jenen bedanken, die bei der Realisierung des Projekts MOG mitgewirkt haben, allen voran bei den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, den Förderern und Unterstützern, unserem Team sowie bei unseren Kolleginnen und Kollegen aus Wissenschaft und Bildung in Deutschland und Griechenland, die uns fortdauernd bei der Umsetzung und Weiterentwicklung des Projekts MOG unterstützen.

 

Links MOG:

Exemplarische Interviewausschnitte: https://www.occupation-memories.org/de/project/collection/Interview_Ausschnitte/index.html

Häufige Fragen und Antworten zum Projekt MOG: https://www.occupation-memories.org/faq/index.html

Online-Präsentation der MOG-Bildungsplattform am 25.11.2020 (deutsch) bzw. 02.12.2020 (griechisch): https://www.occupation-memories.org/de/project/events/2020_11_25_praesentation_bildungsplattform/index.html

https://www.occupation-memories.org/project/events/2020_12_02_parousiasi_ekpaidevtiki_platforma/index.html

Externe Links:

Digitale Gedenkveranstaltung der Hellenischen Botschaft in Berlin mit Interviewausschnitten aus dem MOG Archiv: https://www.facebook.com/notes/2377670119024337/

Liste der vom Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds geförderten Projekte: https://griechenland.diplo.de/gr-de/themen/kultur/zukunftsfonds/projektliste

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